Nach Osten

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Ich fragte mich woher sie das Telefon hatte. Genauso wie den Akku oder einen Vertrag mit dem sie telefonieren konnte.

Bei allen Fragen die ich mir in den letzten Monaten stellte, war das die eine die sich tief in mein Gehirn gefressen hatte. Sie hatte sich in meinen Gedanken verkeilt und tauchte immer wieder auf. Woher hatte sie dieses Handy? Wenn ich in den Trümmern nach Konserven suchte, hämmerte diese Frage in meinem Kopf. Wenn ich vor Hunger oder Angst nicht einschlafen konnte, drehte sie sich in meinen Gedanken, bis ich Kopfschmerzen bekam.

In der Nacht des 23. Julis hielt ich es nicht mehr aus. Ich war mir nicht einmal sicher, ob es der 23. Juli war, doch nach meiner Zeitrechnung kam das ganz gut hin.

Ich konnte schon wieder nicht einschlafen und ich war es leid, mich mit der Frage herumzuquälen. Ich musste eine Antwort finden. Denn sonst, da war ich mir sicher, würde ich niemals zur Ruhe kommen.

Ich setzte mich auf, wobei die Äste unter meiner dünnen Isomatte knackten und Jody weckten. Er sprang auf und sah sich hektisch um. Als er realisierte, dass keine Gefahr bestand setzte er sich hechelnd hin und starrte mich an. Von seiner Zunge triefte Spucke auf den Boden.

Es war seltsam, dass wir uns so gut verstanden, weil ich schon immer ein tief überzeugter Katzenmensch war. Aber nun war der ehemals sehr fette Dackel eben das Einzige, das mir geblieben war. „Hey Dicker“, murmelte ich. Jody sprang zu mir und hechelte eine Portion Speichel auf meinen Schoß. Ich seufzte und begann ihn hinter den Ohren zu kraulen.

Alles war so still. Ein leises Rauschen wehte durch die Blätter des Waldes, irgendwo hörte ich einen Uhu und natürlich Jodys lauten Atem.

Es gab keine Autobahnen mehr, die Lärm machen konnten und auch keine Besoffenen, die mitten in der Nacht durch den Wald torkelten. Das alles war Vergangenheit.

An dem Tag, an dem alles zusammengebrochen war, war Jody der Einzige gewesen, der mir treu blieb. Mein Herz begann bei der aufkommenden Erinnerung zu rasen und ich spürte, wie die Luft dünner wurde. Also zwang ich mich, meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Auf die einzig sinnvolle Frage, die mich seit Monaten beschäftigte. Woher hatte die Frau das Handy? Warum funktionierte es und mit wem hatte sie telefoniert? Ich schloss meine Augen, während ich Jody weiter hinter den Ohren kraulte. Er hatte seinen Kopf auf meinen Oberschenkel gebettet und war wohl wieder eingeschlafen.

Die Frau hatte ein faltiges Gesicht, hatte ihr graues Haar zu einem Dutt zusammengesteckt und trug Kleidung mit Blumenmuster. In all den grauen Trümmern war sie seltsam farbenfroh herausgestochen.

Allein, dass da überhaupt ein Mensch war, hätte mich aufmerksam machen müssen, geschweige denn, dass sie telefonierte. Doch in dem Moment war ich einfach stockstarr stehen geblieben. Ich hatte sie beobachtet, wie sie da fröhlich auf einer Bank hinter einem Busch saß und telefonierte. Mit einem Handy, welches noch drei Wochen nach dem großen Einsturz funktionierte!

Jody leckte mir langsam den Unterarm entlang und ich stupste ihn zurück. So viel Liebe hatte ich für einen Hund dann doch nicht übrig.

„Ich muss nach Osten.“, sagte ich und er sah mich aus tiefen Augen an. Nur Hunde und kleine Kinder hatten einen solchen Blick. „Nach Osten“ wiederholte ich und stand auf. Es war noch mitten in der Nacht, doch schlafen konnte ich ohnehin nicht mehr. Außerdem wusste ich, dass es Zeit zu gehen war. Genau in dieser Sekunde und keiner anderen.
Also packte ich meine Sachen zusammen, strich meinem kleinen Freund noch einmal über den Kopf und ging in die Richtung, in der in 5 Stunden die Sonne aufgehen würde.

Von Carolin Graw

Prosanova Schulprogramm

Das PROSANOVA Schulprogramm konnte in diesem Jahr plötzlich nicht durchgeführt werden, wie wir es vorgesehen hatten – alles war anders und auf einmal gab es die Schulen nicht mehr!

Trotzdem hat sich eine Gruppe motivierter Schreiberinnen zusammengefunden: Über Zoom gab es in Workshops Schreibimpulse, Quarantäne-Beobachtung, Erzählübungen, eine gemeinsame Googledoc-Geschichte (live und in verschiedenen Farben) und einiges mehr. Aus den Texten, die im Rahmen der Workshops entstanden

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von Judy Köhler aus Hildesheim

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Sie kramte in ihrer Geldbörse herum, als würde sie nach etwas suchen. Aber nicht nach Geld. Ihre Augen waren blassblau und die Falten rund um ihren Mund bewegten sich sanft, während sie mit zusammengebissenen Zähnen weiter ihren Finger in dem dunkelgrünen Portemonnaie herum gleiten ließ.

Nicht mal nach sieben Stunden auf Arbeit löste sich auch nur ein einziges ihrer langen, blonden Haare aus ihrem Zopf.

Ich spürte die Augen auf mir. War es wirklich so interessant für dich, wie ich deinen Cappuccino zubereitete? Wusste er einfach nicht, wo er sonst hinschauen sollte? Machte er sich Sorgen, ich könnte etwas falsch machen? Wusste er, wie man einen Cappuccino macht? Sein Lächeln erreichte seine starren Augen nicht, nachdem ich ihm das heiße Getränk über die Theke reichte und er verschwand.

Von hinten sah es aus, als säße sie ziemlich angespannt im Auto – Auf dem Beifahrersitz, der in seinem Auto links, statt rechts war. Im Rückspiegel konnte ich seine strahlenden Augen erkennen und auch, wenn ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, war ich mir sicher, dass sie lächelte. Ich konnte es spüren.

Der Kassierer, bestimmt war er so um die 19 Jahre alt, zog unseren Einkauf übers Band. Sein Blick war konzentriert, seine Bewegungen schnell und trotzdem war hier und dort für eine Sekunde ein Zögern wahrzunehmen. Bestimmt war er neu.

Ein Mundwinkel ging hoch, dann der andere. Ich spürte es. Ich verursachte es.

Von Judy Köhler

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Gedichte (aus der Zeitung gestrichen)

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Nr. 1
Immer neu wachsen.
Zunächst nur langsam,
Aufmerksam.
Danach rasend schnell.
Wir hocken, leer,
Dann belebt.

Nr. 2
Leichen.
Fürchtet, Angst.
Angst nicht!
Vertrauen, ohne Panik.
Sterne bleiben stärker.

Von Janna Möllering

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Zeitlos

Zeitlos

zeitlos
gerade in 1929
menschen die versuchen zu bestehen
wir lassen die zeit offen
was nun?

krise
ein kleiner akt der rebellion vielleicht
hinter den vorhang sehen
frage:
was nun?

man kriegt das theater nicht aus den leuten
jugend
heute hier, morgen da
angst,
urteil,
phantom,
ein spiel?

charakter
ein total guter ansatz
töne übernehmen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

zusage

post mit willkommensgrüßen
neue gedanken
neue perspektiven
neue namen

vorschussvertrauen
es wird viel neues zu sehen sein
es tanzen 30-jährige pärchen
beziehungsweise solche, die es werden wollen

entscheidung,
vielfalt,
das herz blutet
in eine geisterstadt verwandelt
was nun?

Von Philine Bünger

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Trotzdem hat sich eine Gruppe motivierter Schreiberinnen zusammengefunden: Über Zoom gab es in Workshops Schreibimpulse, Quarantäne-Beobachtung, Erzählübungen, eine gemeinsame Googledoc-Geschichte (live und in verschiedenen Farben) und einiges mehr. Aus den Texten, die im Rahmen der Workshops entstanden

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Poedu Schreib-Aufgabe

Poedu Schreib-Aufgabe

Hier ist die Aufgabe, die Dana von Suffrin den Kindern, die bei poedu mitmachen, gestellt hat. Wir freuen uns schon auf die Ergebnisse, die wir hier am 12.06. zeigen werden.

Danke an alle Beteiligten!

Wir alle verbringen seit ein paar Monaten viel Zeit mit unserer Familie – das ist toll, denn endlich sind wir mal richtig viel zusammen, andererseits gehen wir alle uns auch gegenseitig ein bisschen auf die Nerven. Das ist aber ganz normal und geht allen so! Vor allem ist es auch ein toller Anlass, endlich mal ein lustiges – aber nicht gemeines – Gedicht über die Familie zu schreiben. Das Gedicht kann bis zu einer Seite lang sein, aber auch viel kürzer. Es kann sich reimen, muss es aber überhaupt nicht – oder einfach, wie im Beispiel, nur manchmal.
Wenn du Lust hast, kannst du auch ein Bild dazu malen. Wenn du ein witziges Foto von deiner Familie hast, kannst du auch lustige Sprechblasen dazu basteln – es macht so viel Spaß, sich zu überlegen, was andere Leute denken!

Meine Mutter trinkt ihren Kaffee im Stehen
Sie darf nicht in die Arbeit gehen
Ihre Nägel klappern auf dem Tisch
Sie sagt, aus der Nervosität heraus
Mit Kopfhörern schaut sie aus
wie eine nervöse Micky Maus

Und, bla bla bla, steht in ihren Mails
Sehr geehrter Herr! Sehr geehrte Dame!
Danach kommt immer ein langweiliger Name

Meine Schwester liegt nur herum
Sie sagt, daheimbleiben macht dumm
Und ich? Langweilig mit euch!, rufe ich
Die Mutter lacht und streicht mir über den Kopf

Die Katze, miau miau, beginnt uns zu hassen
Könnt ihr bitte wieder mal wieder das Haus verlassen?

Dieses Jahr kooperieren wir mit dem online-Lyrik-Projekt poedu. Dafür durfte unsere Programm-Autorin Dana von Suffrin die Schreib-Aufgabe für den 05.06. stellen. Die Texte und Bilder, die auf ihren Impuls hin entstehen, werden wir am 12.06. hier veröffentlichen, wir freuen uns schon sehr!

ÜBER POEDU

Kathrin Schadt ist Autorin und Journalistin aber auch Mutter einer 7jährigen. Aufgrund der Quarantäne hat sie zunächst für ihre Tochter eine Poesiewerkstatt erfunden. In wenigen Tagen hat dieses Projekt aber überraschend viele Neugierige gefunden, es haben sich seitdem dutzende Kinder (und Erwachsene) online angemeldet sowie Autoren aus dem deutschsprachigen Raum.

Die Idee ist, Kinder und Jugendliche an die Möglichkeiten unserer Sprache heranzuführen, fern der zT. zähen Homeschooling-Aufgaben. Als Quelle, als Ventil, als Befreiung. In Zeiten der Krise brauchen auch Kinder Ausdruck und Hoffnung.

Jeden Freitagmorgen kommt daher das Poedu. Und bringt den Kindern eine Poesieaufgabe einer bekannten Poet*in. Innerhalb einer Woche können die Kinder dann ihre Ideen und Texte zunächst in einer geschlossenen, virtuellen Gruppe austauschen, Fotos und Videos hochladen, miteinander auch in Quarantänezeiten in Kontakt kommen. Am Freitag selbst wird dann auf der öffentlichen Facebookseite von Kindern für Kinder (und Erwachsene) ihre neueste Poesie veröffentlicht.

Hier können Sie dem Projekt auf Schritt und Tritt folgen

Kontakt über: kathrinschadt@hotmail.com

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ERINNERUNG

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Er, schick angezogen, dynamisch die Pedale seines Fahrrads tretend. Sie, mit Kleid und Brautstrauß auf dem Gepäckträger sitzend, die Beine überschlagen. Und am Gepäckträger angebunden: eine leere Ravioli-Dose, laut über den Asphalt klapperte.

In ihrem Magen ballte sich das pure Glück und sie hatte das Gefühl golden zu strahlen, so hell, dass jeder es sehen musste. Um sie herum begannen Hupen zu ertönen. Fremde Menschen streckten die Köpfe aus den Fenstern und gratulierten den beiden. In diesem Moment fühlte sie sich vollkommen. Nichts schien simpler als glücklich zu sein. Die Sonne im Rücken und die Zukunft erstreckte sich mit ihren unendlichen Möglichkeiten vor ihnen. Sie breitete ihre Arme zur Seite aus und lachte laut und befreit. Aus ganzem Herzen empfundene Freude auf dem Gesicht. Und er lachte mit ihr. Die ganze Welt lachte mit ihnen.

So fuhren sie auf seinem klapprigen Fahrrad zu ihrer gemeinsamen kleinen Dachgeschosswohnung. So perfekt, gerade so viel Platz, dass sie niemals länger als ein paar Sekunden ihre Augen von ihm abwenden musste. Überschwänglich hob er sie vom Gepäckträger und küsste sie so wild und leidenschaftlich, dass es vermutlich der beste Kuss der gesamten Welt gewesen sein musste. Er trug sie hinauf, über die Türschwelle bis in das kleine Bett, das sie ihr Eigen nannten, vorbei an der Nische, in die sie wahrscheinlich in den nächsten ein bis zwei Jahren eine kleine Krippe quetschen könnten.

Noch wollte sie die Augen nicht öffnen. Nur einen kleinen Moment länger wollte sie in dieser Erinnerung schwelgen, die so stark war, dass sie noch ein wenig des Klumpens aus purem Glück im Bauch spüren konnte. Tiefe Falten bildeten sich um ihre Augen, als sich ihre Mundwinkel hoben und sie sich einbildete die Sonne auf ihrem Gesicht zu spüren. Immer weniger wurde das elektrisierende Gefühl der Liebe, das sie eben noch durchflutete hatte. Nur langsam schlug sie die Augen auf. Eine verblichene, ehemals gelbe Wand starrte zurück. Den letzten Funken Liebe verschloss sie sorgsam in ihrem Herzen, dass er ihr ja nie abhandenkam.

Sie bemerkte eine junge Frau neben sich. Möglicherweise hatte sie das Mädchen sogar schon einmal gesehen. Doch ihr wollte beim besten Willen nicht einfallen wo. Sie wandte den Blick wieder ab.

Das Mädchen trat nun näher und las ihr etwas aus einer Zeitung vor. Dabei sollte sie doch eigentlich gar nicht mit Fremden sprechen. Das hatte er ihr immer eingebläut. So wandte sie sich ab. Verwirrt sah sie sich um. Das hier war nicht ihre Wohnung. Und wo war er? Er konnte sie doch nicht einfach hier alleine lassen.

„Mama? Hörst du? Die Beerdigung ist am Samstag. Sogar Onkel Rudi kommt aus Bremen her.“

Doch sie hörte dem Mädchen schon gar nicht mehr zu. Der Moment, in dem sie sich hatte erinnern können, war vorbei und sie starrte wieder auf die verblichene gelbe Tapete.

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